Die Strecke Zwettl - Martinsberg

Beim Verlassen des Bahnhofs Zwettl überqueren wir als erstes das imposanteste Bauwerk der gesamten Strecke. Der 240 m lange Viadukt über den Kamp beginnt unmittelbar am südlichen Bahnhofskopf mit vier Steinbögen. Im Mittelteil befinden sich vier Eisentragwerke mit jeweils 45 Metern Länge, und zwei weitere Steinbögen runden das Gesamtbild dieses gewaltigen und doch zum Teil so filigranen Bauwerks ab.
Eben diese Brücke wurde in den Jahren 1998 und 1999 einer Generalsanierung unterzogen. Dabei wurden die Pfeiler und auch die Steinbögen verstärkt, die genieteten Eisentragwerke wurden durch stärkere geschweißte Tragwerke ersetzt. Der ästhetisch anmutende Eindruck dieses Bauwerks aus dem Beginn des zwanzigsten Jahrhundert wurde dabei sicher geschmälert, aber im Interesse des Fortbestandes dieser Bahn muss aber gesagt werden, dass diese teilweise Erneuerung, so schmerzhaft sie auch für jeden nostalgisch veranlagten Eisenbahnfan ist, unumgänglich war.
Unmittelbar nach der Brücke folgt ein 90° Rechtsbogen, danach ein Bahnschranken und nach ca. 300 m auf der rechten Seite die Haltestelle "Zwettl Stadt". Linker Hand steht der Silo des Lagerhaus Zwettl, welches auch über ein Anschlussgleis verfügt. Hier verlässt die Bahn die Stadt Zwettl und führt über einen engen Linksbogen und einen Felseneinschnitt in den Schleifgraben. Auf der linken Seite des Hanges verlaufend, verlassen die Geleise das Tal auf einer langen stetig ansteigenden Geraden. Vorbei an den Ortschaften Koblhof und Ratschenhof, beide ca. 300 m von den Gleisen entfernt, taucht die Strecke unmittelbar nach dem links liegenden Rudmannser Teich in den Wald ein.

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Eisenbahnviadukt über den Kamp in Zwettl

Die nächsten 3 km steigt die Strecke mit bis zu 20 ‰ durch den tiefen Schönauer Wald stetig an, bis unmittelbar nach einer Eisenbahnkreuzung auf einer Lichtung das Bahnhofsgelände von Kl. Schönau Kilometer 28,8 liegt. Zwei Ladegleise dienen hier einerseits, um die für den Bahnhof Waldhausen benötigten Waggons zu hinterstellen, und andererseits, das in den umliegenden Wäldern anfallende Holz zu verladen. Das Bahnhofsgebäude wurde vor ca. 20 Jahren dem Erdboden gleichgemacht. Durch die unvergleichbare Akustik auf dieser im Hochwald liegenden Lichtung, lässt eine Ausfahrt eines schweren Dampfzuges Richtung Martinsberg, das Herz jedes Eisenbahnfans höher schlagen.
Unmittelbar nach Verlassen des ebenen Bahnhofsbereichs, verschwinden die Schienen nach einer Linkskurve wieder im Wald. Mit bis zu 21 ‰ steigt die Strecke weiter und verlässt schließlich bei Kilometer 31, l. wieder den Wald. Nach Überqueren des Sprögnitzbachs durchlaufen die Geleise noch eine Unterführung und erreichen hier die auf einem kurzen ebenen Stück liegende Haltestelle Obernondorf. Weiter leicht ansteigend führt die Eisenbahn vorbei an der zur Haltestelle gehörenden Ortschaft, überquert dabei den Nondorfer Bach und verschwindet nach 2 km in einem kurzen Waldstück. Dreihundert Meter leichtes Gefälle und die wichtigste Einnahmequelle dieser Lokalbahn, der Bahnhof Waldhausen bei Kilometer 34,7m ist erreicht.
Auf knapp 700 m Seehöhe liegend, wird hier das Holz verladen, das die Bahn am Leben erhält. Von dem nahe der Ortschaft Brand gelegenen Sägewerk der Firma Stora Enso wird hier Schnittholz in alle Teile der Welt verfrachtet. Verarbeitet wird heimisches Holz, aber auch Nadelholz vorwiegend aus der Tschechischen Republik, Polen und den ehemals sowjetischen Ländern, welches ebenfalls mit der Bahn angeliefert wird. Waldhausen, bestehend aus zwei Lade- und einem Verkehrsgleis, ist neben Zwettl der einzig noch besetzte Bahnhof der gesamten Strecke.

Der folgende Streckenabschnitt ist seit Dezember 2010 nicht mehr befahrbar, da der Betrieb seitens der ÖBB eingestellt wurde! Wir verlassen Waldhausen und die Bahn verläuft zuerst relativ eben, entlang des Purzelkamp nach Kl. Weißenbach, einem Dorf mit gleichnamiger Haltestelle. Ab hier steigt die Strecke wieder stetig weiter Richtung Grafenschlag. Beim sogenannten Ritschgraben verlaufen die Schienen durch ein kleines Waldstück, und wir erreichen bei Kilometer 39,3 die Haltestelle Kaltenbrunn. Unmittelbar nach der Haltestelle wechselt der schon im Wald überquerte Purzelkamp nochmals seine Seite und verläuft bis zum Bahnhof Grafenschlag parallel zur Eisenbahn.
Der Bahnhof Grafenschlag bei Kilometer 41 liegt auf einer Seehöhe von 741 m. Der Bahnhof, der aus zwei Ladegleisen und einem Verkehrsgleis besteht, war früher Kreuzungsbahnhof und diente mit einem Wasserkran versehen dem Auffüllen der Wasservorräte der Dampflokomotiven, welche auf den letzten 20 km Steigung verbraucht wurden. Auch heute wird hier bei den Dampfsonderfahrten des MLV Wasser genommen, leider nicht mehr mittels Wasserkran, sondern von einem Hydranten.
Unmittelbar nach dem Bahnhof kreuzt die Eisenbahn die Bundesstraße 36, macht einen Linksbogen und überquert ein letztes mal den Purzelkamp. Nun entlang des Langschläger Baches, führt die mäßig ansteigende Strecke, neuerlich ca. 1 km durch den Wald und wir erreichen bei Kilometer 43,3 die Haltestelle Lugendorf. Nach der Haltestelle, vorbei an der Ortschaft Langschlag steigt die Bahnlinie mit durchschnittlich 17 ‰ bis zur mitten im Wald gelegenen Haltestelle Biberschlag. Ab hier ca. 1,5 km abfallend, steigt danach die Strecke wieder mit bis zu 22 ‰ Richtung Ottenschlag. Mitten im Wald, beim idyllisch gelegenen Weyrerteich, führt die Bahn über den aus sieben Steinbögen bestehenden Viadukt über die Gr. Krems.
Der bei Kilometer 50,1 gelegene Bahnhof Ottenschlag befindet sich auf einer Seehöhe von 831 m und besitzt zwei Ladegleise, ein Verkehrsgleis und ein Anschlussgleis des örtlichen Lagerhauses. Der Bahnhof, dessen Gebäude noch existiert, liegt ca. 3 km außerhalb des Marktes Ottenschlag bei der Siedlung Neuhof.
Die Trasse steigt nun mit 22 ‰ noch einmal kräftig an, bis mitten im Wald bei Kilometer 51,6 der Scheitelpunkt der Strecke mit einer Seehöhe von 860 Metern erreicht wird. Genau an diesem höchsten Punkt dieser Eisenbahn, verbindet eine kleine Holzbrücke die Wälder, die hier durch die in einem tiefen Einschnitt liegende Bahnlinie getrennt sind, miteinander. Ihren Namen Seufzerbrücke, hat dieses Bauwerk wohl aus der Dampflokzeit früher Tage erhalten.
Nach ungefähr 2 km, der erste davon verläuft im Wald, liegt die Haltestelle Kleinpertholz auf ebener Strecke. Kurz nach der Haltestelle verlaufen die Geleise dann mit durchschnittlich 15 ‰ Gefälle Richtung Weitental. Der bei Kilometer 57,6 liegende Bahnhof Martinsberg-Gutenbrunn ist bis heute der Endpunkt der Strecke. Das Bahnhofsgebäude liegt ca. 500 Meter außerhalb des Ortszentrums der Marktgemeinde Martinsberg, die auf 825 m Seehöhe liegt. Der Bahnhof verfügt über zwei Verkehrs- und zwei Ladegleise.
Der Plan zur Verlängerung der Bahn ins Donautal und den Anschluss an die Westbahn, ist nie ganz verschwunden. Bei den heutigen Auflagen zur Errichtung einer neuen Eisenbahnlinie und den damit verbundenen Kosten, wird es aller Voraussicht nach aber nur ein Wunschtraum bleiben.

weitere Fotos von der Strecke

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Streckenkarte - zum Vergrößern anklicken!

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Das Kremsbachviadukt

Foto: Thomas Anton